„Ich habe nichts zu verbergen!“

So wird in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis häufig argumentiert, wenn sich die Diskussion um Privatsphäre oder staatliche Überwachungsmaßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung dreht. Solch naive und unüberlegten Ansichten machen mich meist fassungs- und leider in diesen Momenten auch völlig sprachlos.

Stunden später, wenn alle nach Hause gegangen sind, ärgere ich mich dann immer wieder über mich selbst. Wieso will mir in diesen entscheidenden Momenten kein messerscharfes und überzeugendes Argument eingefallen, das mein Gegenüber seine Ansichten überdenken lässt?

Um dem für die Zukunft vorzubeugen, möchte ich primär für mich – aber natürlich auch euch – aus der Gesprächsrunde „A Conversation on Privacy“ (Stream in Englisch) mit Glenn Greenwald, Noam Chomsky und Edward Snowden bzw. der dazugehörigen heise Newsticker-Meldung zitieren.

Rechte wirkten nicht bloß für den Einzeln, sondern auch für das Kollektiv. […] Rechte (wie Privatsphäre – Anmerkung von mir) würden von jenen gebraucht, die verletzlich, anders, benachteiligt oder ihrer Zeit voraus seien, nicht von den an der Macht Beteiligten. „Rechte existieren nicht für die Mehrheit. Rechte existieren für die Minderheit, um sie gegen die Mehrheit zu schützen.“

Mit diesen vier Sätzen ist viel gesagt. Wer eine Diskussion über staatliche Überwachungsmaßnahmen mit den Worten „Ich habe nichts zu verbergen!“ kommentiert, spricht nicht nur sich selbst, sondern damit auch allen Anderen das Recht auf eine Privatsphäre ab.

Kopfsilouetten mit „Zutritt Verboten“-Schildern

Anders gesagt, wer das Recht auf eine Privatsphäre schon nicht für sich selbst verteidigen möchte, sollte dies auf auf jeden Fall für die Anderen|Schwächeren tun und sich nicht billig aus der Affäre ziehen.

Abschließend und weil es thematisch gut zum Themenkomplex Überwachung passt, sei hier noch der interessante Artikel „Chilling Effects und Überwachung“ (Achtung – langer Text) von Simon Assion erwähnt.

[Chilling Effects beschreibt – Anmerkung von mir] Effekte staatlichen Handelns, die Bürger davon abhalten, von ihren Grundrechten Gebrauch zu machen

Wie so etwas im Alltag aussehen kann, habe ich vor einiger Zeit im Lawblog entdeckt, wo es in einem Fall vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg darum ging, dass die Polizei die Personalien von Menschen aufnimmt, die völlig legal Beamte im Einsatz filmen, welche dies ihrerseits „häufig rechtswidrig“ selbst bei Demonstrationen tun.

Verbotsschild Ueberwachungskamera

Ein Gedanke zu “„Ich habe nichts zu verbergen!“

  1. Gruselig, wie oft man diesen Satz hört. „Gesetzesestreue Bürger haben Nichts zu befürchten:“ Entlarvend, dass die „Chefetage“ sich nicht in die Karten schauen lassen möchte und sich ständig der Kontrolle durch Bürger entziehen will. Und nebenbei Jeden unter Generalverdacht stellen, der sich nicht bereitwillig für die Schlapphüte nackig macht.

    Abgesehen davon, dass Überwachung grundsätzlich Unbehagen auslöst. Wer garantiert denn, dass die Überwacher sich an Gesetze halten ? Einmal einem korrupten Machtmenschen etwas unbequem geworden und schon kann der mittels Überwachung in dem Leben eines Menschen herumwühlen. Bis sich was Verwertbares findet, was vielleicht nicht illegal ist, aber sich „gut“ zum Aushängen schmutziger Wäsche eignet. Wer meint, dass das Alles so weit weg ist, der suche mal im Netz nach Überwachungsvideos. Da wird u.A. die allzu intime Mittagspause von zwei Mitarbeitern zur Belustigung für alle ins Netz gestellt.

    Und das sind bloss Zufallsaufnahmen von privaten Sicherheitskameras. Behörden haben da noch ganz andere Möglichkeiten. Man kann Überwachungsdaten ja auch prima fälschen. Ja, so tief sind die Verfechter der Überwachung bei mir im Ansehen gesunken. Ich unterstelle denen noch viel mehr an Verbrechenspotential, als ich in meinen wildesten Träumen selbst entfalten könnte.

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